Der
chinesische Autor Gao Xingjian schrieb das Stück „Flucht“
auf Anregung eines Freundes für ein amerikanisches Theater.
Es wurde dort niemals aufgeführt. Als die Amerikaner
Änderungen am Manuskript verlangten, lehnte Xingjian
- zu der Zeit bereits im Exil in Paris lebend - mit der Begründung
ab, dass dies noch nicht einmal die chinesische KP von ihm
erfolgreich habe verlangen können.
Es war dann dieses Stück „Flucht“, welches
nicht nur den Rauswurf des Autors aus der Kommunistischen
Partei Chinas nach sich zog (aus der er bereits zwei Jahre
vorher direkt nach dem Massaker auf dem Tiananmen-Platz 1989
eigenständig ausgetreten war), sondern auch zum Verbot
all seiner Schriften in der Volksrepublik führte.
Doch erregte „Flucht“ auch bei Gao Xingjians Freunden
aus der Demokratiebewegung Protest, selbst auf sie wirkte
es zu politisch, zu kritisch und zu wenig literarisch.
Dabei greift es zu kurz, dieses Werk als Darstellung der Geschehnisse
von 1989 zu begreifen. Xingjian legt Wert darauf, „dass
dies kein Stück des sozialistischen Realismus sei. […]
Menschliches Leben ist immer auch ein Auf der Flucht sein,
weicht es nicht politischer Unterdrückung aus, dann anderen
Unbilden, und schließlich muss man noch sich selbst
ausweichen.“
Das Stück von Gao Xingjian schildert drei Personen in
einer Lebenssituation, die kaum extremer sein könnte:
sie sind auf der Flucht. Um ihr Leben fürchtend, eingeschlossen
in einem dunklen, unbekannten Raum müssen sie sich arrangieren;
mit der Situation, den Anderen und mit sich selbst.
Drei Menschen, die das Unbehagen oder sogar den aktiven Protest
gegen das System teilen. Doch die Konsequenzen ihrer Haltung
können und wollen sie nicht sehen, können sie jetzt
noch weniger ertragen. Wer hat Schuld, und was ist zu tun,
wenn es um die blanke Existenz geht? Schließlich geht
es im gesamten Leben um die Existenz. Man kann ihr nicht entrinnen,
sei es als Student, Jungschauspieler oder als Autor. Diese
drei allegorischen Berufe hat Gao Xingjian für seine
drei Charaktere ausgewählt. Sie diskutieren für
ihn, was es bedeutet, lebendig zu bleiben.
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