WELTUNTERGANG BERLIN 2 von Lothar Trolle
 
 

Lothar Trolle, geboren im Januar 1944 im Dorf Brücken bei Sangerhausen, also in der Provinz des Harzvorlands, ist von den unzähligen freien Schriftstellern einer der bekannteren und ganz sicher einer der größten. Schon Heiner Müller sagte über ihn, er sei der „dienstälteste junge Dramatiker der DDR“ – und das ist auch schon wieder über 20 Jahre her. Es gibt für diese Randposition des herausragenden Schriftstellers Lothar Trolle eigentlich keine Gründe, schon gar keine qualitativen. Vielmehr liegt es daran, dass er, der „Chronist des Randständigen“, wie er in der Berliner Zeitung bezeichnet wurde, eine kaum abzubauende Skepsis hegt gegen Institutionelles oder populäre Strömungen – sei es im Politischen wie im Künstlerischen.

Auch wenn ihn bereits Castorf 1992 erfolgreich inszenierte, er in den neunziger Jahren Hausautor beim Schauspiel Frankfurt und am Berliner Ensemble sowie 2007 Stadtschreiber zu Rheinsberg war, Lothar Trolle ist immer jemand von außen geblieben – ein „einsamer Hund“, wie er sich selbst attestierte.

Auch seine Figuren nehmen zum Großteil nicht am Leben des Mainstream teil, und doch kommen sie aus der Mitte der Gesellschaft. Es sind die unzähligen verlorenen, einsamen, kämpfenden Seelen, die den Bodensatz einer jeden Gehalts- oder Statuspyramide ausmachen, denen Trolle eine Stimme verleiht – seine Stimme: genau beschreibend und analysierend, aber keinesfalls dokumentarisch, sondern stets in persönlicher, subjektiver, künstlerischer Sprache.

Seine Stücke sind zumeist Grotesken und Szenenbeschreibungen, Alltagsdarstellungen einer Welt, wo die Kasperlefiguren bereits die Fähigkeit des Dialogs verloren haben, nicht jedoch ihr Leben und ihre Würde.

Die Möglichkeit, als Bühnenarbeiter am Deutschen Theater zu arbeiten, erlaubte Lothar Trolle nach Abitur und Ausbildung die Flucht aus der geographischen und intellektuellen Provinz nach Berlin. Hier befreundete er sich mit Thomas Brasch und fand mit seinem Schulfreund Einar Schleef Eingang in die Kreise von Heiner Müller und in die alternative Wohnzimmer-Kunstszene Berlins. Als man ihm anbot, bei Wolfgang Heise Philosophie zu studieren, griff er zu, ohne jedoch je einen Termin für die Abschlussprüfungen zu erhalten.

Seitdem arbeitet er als freier Autor in Berlin und wurde wichtiger Bestandteil der Literaturszene des Prenzlauer Bergs mit seinen alternativen Kunst- und Lebensentwürfen. So brachte er zusammen mit Bernd Wagner und Uwe Kolbe von 1983 bis 1987 die nichtoffizielle Literaturzeitschrift Mikado heraus. Damals durfte er nicht gespielt werden; heute ist dies natürlich erlaubt, aber leider wird hiervon viel zu selten Gebrauch gemacht.

 
 
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